...dass das Publicum ein Recht auf den Beirath rechtskundiger Sachwalter in freier Concurrenz hat...
(Rudolf Gneist, Freie Advocatur, 1867)
Anwaltsgeschichte und die Geschichte der Anwaltschaft
„Sich in die Vergangenheit zu versenken mag persönliche Liebhaberei sein. Aber mit der Geschichte das Wesen unseres Berufs zu erforschen, aus ihr die richtige Grundauffassung zu gewinnen, die unser Handeln täglich und stündlich bestimmt, das ist ein Aufgabe, deren Größe auch der nicht verkennen kann, der nicht gern die Staubluft des Altertums atmet.“
(Adolf Weißler, Geschichte der Rechtsanwaltschaft, Leipzig 1905)
01. Juli 1932
Wir begrüßen Sie auf unserer Homepage mit einer historischen Fotografie.
Sie zeigt (von links nach rechts) Rechtsanwalt Dr. Rudolf Olden, Carl von Ossietzky als Angeklagten sowie Rechtsanwalt Dr. Alfred Apfel, der gerade plädiert.
Ossietzky stand wegen Beleidigung der Reichswehr vor Gericht, weil er als verantwortlicher Redakteur der „Weltbühne“ das Erscheinen einer von Kurt Tucholsky geschriebenen Glosse zugelassen hatte, die sich mit den Gräueln des 1.Weltkriegs befasste und den Satz enthielt „Soldaten sind Mörder“.
Die Aufnahme entstand am 1. Juli 1932 während der Hauptverhandlung vor dem Schöffengericht Charlottenburg im Gebäude des Landgerichts III am Tegeler Weg 17-20.
Zweifellos ist dieses Foto ein Dokument der Zeitgeschichte. Es führt aber gleichzeitig in die Vergangenheit unseres Berufsstandes, weswegen es besonders geeignet ist, das vom FORUM ANWALTSGESCHICHTE vertretene Anliegen zu symbolisieren.
Ich habe eben einen der merkwürdigsten Augenblicke meines Lebens gehabt, als in das Plädoyer meines Verteidigers die Klänge der Marschmusik hereintönten. Ich weiß nicht, ob man darin ein bedenkliches Symbol sehen soll oder einen belanglosen Zufall. Aber vielleicht ist durch diesen Klang der Staatsanwaltschaft von heute die Stimme ihres Herrn mitgeteilt worden (Lachen im Zuhörerraum, das sich der Staatsanwalt erregt verbittet.) Ich bin vielleicht der einzige hier im Saal gewesen, der über den Strafantrag auf sechs Monate Gefängnis nicht erstaunt gewesen ist. Aber es ist falsch, wenn man annimmt, dass es sich in dem „Weltbühnen“-Artikel um die Diffamierung eines Standes handelt; es handelt sich um die Diffamierung des Krieges. Was nützt den Hunderttausenden Toten des Weltkrieges die Ehre, die hier angeblich geschützt werden soll? Erst muss der Mensch leben, dann kann seine Ehre geschützt werden!
(Schlusswort des Angeklagten, Zitat aus der Morgenausgabe des Berliner Tageblattes vom 2. Juli 1932. Ossietzky wurde freigesprochen. Das Kammergericht verwarf die von der Staatsanwaltschaft eingelegte Revision mit Urteil vom 17.November 1932, Juristische Wochenschrift 1933, 973.)
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